Mein auf dieser Seite veröffentlichter Blog soll die Berichte in der BNN ergänzen. Es wäre also super, wenn ihr auch die lesen würdet…

Auf unserer Reise durch Afrika haben wir sehr viele Kinder getroffen und immer wieder festgestellt: Kinder werden hier nicht erzogen. Im westlichen Sinne kann man gar nicht von Erziehung sprechen. Sobald Kinder laufen können, werden sie weitgehend sich selbst überlassen. Meistens schauen die älteren Geschwister nach ihnen. Wenn keine anderen Kinder da sind – Pech gehabt.
Kinder kriegen in den meisten Familien nur das zu essen, was übrigbleibt. Wenn nichts übrig bleibt: Pech gehabt. Kinder bekommen nur in den ersten paar Lebensjahren menschliche und körperliche Wärme. Danach finden so gut wir keine Berührungen mehr statt. Das Verhältnis zwischen Eltern und Kindern ist völlig anders als bei uns. Nicht nur, dass wir in mehreren Ländern Eltern getroffen haben, die ihre eigenen Kinder nicht mit Namen benennen konnten. Auch der Beschützerinstinkt bzw. das Mitgefühl, das man bei uns automatisch mit leidenden Kindern hat, ist meist nicht vorhanden. Immer wieder erleben wir es, dass sich Kinder vor unseren Augen ernsthaft verletzen, ohne dass die Eltern ihnen helfen. Sobald ein Kind weint, kann es mit (meist heftigen) Schlägen rechnen. Wir haben häufig erlebt, dass den Eltern völlig egal war, warum die Kinder weinen. Manchmal wurden auch wahllos andere Kinder dafür geschlagen.
So geschockt wir bei solchen Situationen auch immer wieder waren, so sehr haben wir versucht zu akzeptieren, dass Kinder hier anders aufwachsen und „erzogen“ werden. Allerdings mussten wir während des gesamten Jahres immer wieder unter den „unerzogenen“ Kindern leiden. So auch hier im Sudan.
Auf der Strecke nach Port Sudan müssen wir mehrere Polizeikontrollen passieren, an denen man anhalten muss. Sobald der Wagen zum Stehen kommt, rennen mehrere Jungen im Alter von 6-12 Jahren zu unserem Landy und versuchen uns Kaugummis oder Obst zu verkaufen. Sobald sie merken, dass wir nichts kaufen wollen, werden sie frech, greifen durch die Fenster ins Wageninnere, beleidigen uns und schlagen gegen das Auto. So ähnlich ist es, wenn sie Paule entdecken: Als wir mittags Rast machen und in einem kleinen Restaurant etwas essen, stehen viele Kinder um den Landy herum und ärgern Paule. Sie schlagen ans Fenster und machen ihn ganz wild. Auch als ich mehr oder weniger wütend aus dem Restaurantzelt heraustrete und sie verscheuchen will, machen sie weiter. Viele erwachsene Männer schauen dabei zu. Niemand sagt etwas zu den Jungs. Loyal ist kurz davor weiterzufahren. Allerdings wissen wir aus Erfahrung, dass es in jedem Dorf/in jeder Stadt das gleiche ist.
Wir fragen uns, was aus diesen Kindern einmal werden soll. Die Erwachsenen im Sudan sind so zurückhaltend, willkommen heißend und hilfsbereit, da fällt das Verhalten der Kinder extrem negativ auf. Wie werden die Kinder sein, wenn sie groß sind?
So sehr wir uns immer wieder ärgern, dass keiner der umstehenden Männer eingreift, so sehr fühle ich mich an Deutschland erinnert, wo Passanten unmögliches Verhalten von Kindern und Jugendlichen in der Öffentlichkeit auch tolerieren ohne etwas zu sagen. Niemand greift ein und ermahnt die jungen Leute. Nun, da immer wir die Zielobjekte der Kinder hier im Sudan gewesen sind und uns von den einheimischen Erwachsenen immer alleine gelassen gefühlt haben, frage ich mich, ob ich nicht in Zukunft auch in Deutschland eher mal etwas sagen werde. Leider führt das erfahrungsgemäß nur zu Pöbeleien, wenn nicht gar körperlichen Übergriffen der Jugendlichen. Wahrscheinlich müssten sich alle Erwachsenen mehr verantwortlich fühlen als das bisher der Fall ist.

Share →

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.