Mein auf dieser Seite veröffentlichter Blog soll die Berichte in der BNN ergänzen. Es wäre also super, wenn ihr auch die lesen würdet…

Die Wahlen in Sierra Leone in diesem Jahr sind die zweiten in Friedenszeiten. Der Bürgerkrieg dauerte mehr als 10 Jahre und endete offiziell 2003. Allerdings war das Land zu diesem Zeitpunkt weit entfernt davon, stabil zu sein. Erst nach den ersten Wahlen im Jahre 2007 wurde es ruhiger. Der neu gewählte Präsident hatte viel vor und stellte sich für viele (wenngleich nicht für alle) als Glücksfall heraus. “Der Präsident kommt aus dem Norden und dort wünschen sie sich einen stark zentralistischen Staat”, erzählt uns ein Dorfbewohner im Südosten des Landes, wo man die Oppositionspartei unterstützt. “Wir wünschen uns einen dezentralisierten Staat, in dem der Dorfchef Streitigkeiten regelt, so wie das auch in Liberia der Fall ist.” Auf unserer Fahrt zur Hauptstadt werden wir immer wieder von Soldaten angehalten und überprüft. Mehrmals wird auch der Innenraum des Landys inspiziert. “Das sind Sicherheitsvorkehrungen, damit niemand Waffen einschmuggelt. Wir wollen vermeiden, dass die Wahlen zu Unruhen im Land führen.” “Soviel Militär habe ich hier bisher noch nie gesehen”, erzählt uns Maria später, “Die Sicherheitsvorkehrungen sind enorm hoch. Aber bisher ist alles ruhig geblieben!” Das ist auch unser Eindruck: Überall sehen wir Wahlwerbung, aber die Menschen erscheinen alle entspannt. Im Radio werden regelmäßig Verhaltensregeln bekanntgegeben. Es wird darauf hingewiesen, dass Gewalt kein Recht verschafft und sich unzufriedene Wähler bitte an die Polizei wenden sollen. Häufig wird auf den Respekt hingewiesen und darauf, dass man die Wahlergebnisse akzeptieren solle.
Die lassen vorerst auf sich warten. Obwohl gemunkelt wird, dass der “alte Präsident” Koroma eine Mehrheit erreicht hat, gibt es keine offiziellen Ergebnisse. “Habt ihr Angst davor, dass es Unruhen geben könnte?”, will Loyal von zwei Wachmännern wissen. “Nein. Die Menschen sind müde vom Kämpfen. Das heißt nicht, dass sie sich besser vertragen. Wir mögen uns immer noch nicht. Aber mehr als eine laute Diskussion kommt nicht mehr zustande. Wir wollen nicht mehr mit Waffen kämpfen!”
Erst am Freitagabend (eine Woche nach der Wahl) werden die Ergebnisse bekanntgegeben. Überall in unserem Viertel ertönt ein lautes Jubeln. Koroma hat die Wahl mit 56% für sich entschieden. Die Leute laufen auf die Straße und tanzen, singen, schreien, jubeln, pfeifen, trommeln, fallen sich in die Arme. Das ganze erinnert an das Ende eines Fußballspiels. Die ganze Nacht über wird es nicht mehr ruhig. Am nächsten Tag sind die Straßen voller Menschen, die alle rot tragen, die Farbe der Gewinnerpartei. Der neu gewählte Präsident hat verkündet, dass er durch die Straßen laufen wird, um seinen Wählern zu danken. Wir sind mit dem Auto in der Stadt unterwegs und kommen nicht mehr durch. Maria schafft es, dem Präsidenten zuzuwinken. Mehrmals fährt er an diesem Tag an uns vorbei. Auf den Straßen wird gefeiert. Die Stimmung erinnert an die Fußballweltmeisterschaft 2006 in Deutschland. Es ist unglaublich und wir sind mitten drin. Die Opposition verkündet im Radio, dass sie das Wahlergebnis nicht anerkennt. Zum Glück bleibt es trotzdem ruhig. Wir sind froh, diese unglaubliche Stimmung miterlebt zu haben. Als wir in Liberia ankommen, werden wir gefragt, wie es mit den Unruhen in Freetown war. Sie können nicht glauben, dass alles ruhig geblieben ist. “Wir haben gehört, dass es zu Ausschreitungen gekommen ist.” Diese Gerüchte, die die Oppositionsanhänger im Südosten des Landes verbreiten, können wir nicht bestätigen. Die Opposition will wohl nicht glauben, dass die Anhänger in der Hauptstadt ruhig geblieben sind! 😉

 

 

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